Es ist 3 Uhr morgens und ich bin endlich zu Hause. Hinter mir liegt ein langer, anstrengender Tag am Pier mit fünf eingetroffenen Rettungsbooten. Ich habe etwas gegessen, liege im Bett und kann nicht schlafen. Die Bilder des Tages gehen mir nicht aus dem Kopf.
Ich denke an den etwa 12-jährigen Jungen aus Eritrea, der ganz allein ankam und dessen Sprache niemand auf dem Boot sprach. Was muss er durchgemacht haben?
Ich denke an die Frau aus Palästina, die es gar nicht fassen konnte, dass sie angekommen ist und immer wieder von den hohen Wellen erzählte und wie viel Angst sie hatte.
Ich denke an den kleinen Jungen, der sich so gefreut hat, dass wir ihm eine kleine, hässliche, rosa Plüschmaus geschenkt haben.
Ich denke auch daran, wie ich jemandem aus Bangladesch versicherte, dass er sich im Moment keine Sorgen machen müsse, von der Polizei nach Albanien abgeschoben zu werden. „Niemand wird im Moment nach Albanien deportiert“. Ich habe ihn aber auch gewarnt, hier niemandem zu trauen. Ich weiß nicht, ob er mich verstanden hat. Er hat sich total gefreut, dass hier alle so nett sind und ich wusste nicht, wie ich ihm sagen sollte, dass die Hälfte der Leute, die so „nett“ zu ihm waren, von Frontex waren und eigentlich nur unbedingt wissen wollten, wer dieses Boot gefahren hat, um diese Person zu kriminalisieren.